Sonntag, 16. Juni 2013

Eine dunkle Bühne

So langsam geht es wieder auch bei Euch zu lesen und etwas wieder in Kontakt zu gehen. Die Welt scheint mir oft so weit entfernt. Manchmal frag ich mich, warum etwas, was so Fern scheint, so eine Anziehungskraft haben kann. Das sie dennoch es schafft sich als erstrebenswert einzuschmeicheln und Wünsche weckt. Ich bewundere das und hasse das. Sie zeigt die eigene Jämmerlichkeit und doch auch wie es sein könnte. Drama, Horror und Komödie. Leben.

buehne 2Ich fühle mich wie auf einer dunklen Bühne. Mal wird dieser und mal jener Teil beleuchtet, aber es gelingt nicht ein zusammenhängendes Bild zu bekommen. So viele Facetten, ohne das Ganze erfassen zu können. Keine Möglichkeit die Zusammenhänge zu erkennen und zu halten. Das macht ein alleine Gefühl. Sich nicht dazugehörig Fühlen zu irgendwas. Nur in dem Moment wo etwas erleuchtet wird. Danach verliert sich der Bezug. Manchmal hätte ich gerne jemanden, die immer sagt “ah ja, das siehst Du grad, aber hier und hier das gehört dazu und dies und jenes ist auch da und so gehört das zusammen.” Ich möchte, das mein Gehirn verknüpft, was zusammen gehört. Ich möchte das es ein Panoramabild entwickelt, wenn ich den nächsten Ausschnitt angucke. Und ich möchte das dieses Ganze dann auch erinnerbar ist und mit neuem ergänzt werden kann.

Unsere Therapeutin sagte in der vorletzten Stunde, das was sich sehr verändert hat in den letzten Jahren ist, dass wir nicht mehr NUR im Jetzt sind. Ohne Bezug zum gestern und morgen. Das wir inzwischen Fäden knüpfen und Bezüge herstellen dürfen. Ich denke, das es noch nicht genug ist. Und gerade zur Zeit wieder sehr schwierig ist. Aber ich glaub auch, dass es dennoch anders ist als vor 6 Jahren. irgendwie.

Jetzt steht das Abschied nehmen an. Aber wie geht das? Bisher gingen Dinge einfach zu Ende. Menschen waren da oder nicht mehr da. eigentlich gab es nie Zeit, um wirklich abschied zu nehmen. Weil es zu schnell ging oder weil wir es nicht konnten oder weil andere Menschen es nicht konnten. Ich kann damit Leben, wenn jemand einfach weg ist. Nicht mehr immer so gut und so endgültig in der Erinnerung, aber mit nicht Abschied nehmen bin ich noch vertraut. Nur wie es anders geht eben nicht. Da bin ich sogar hilflos. Auch wenn ich weiß, das es Sinn macht und wichtig ist und es gut ist, wenn wir es anders lernen, weiß ich nicht wie. Es ist eben wieder so was, das an Gefühle gebunden ist.

Mieke erzählte letztens noch, dass es für sie schwer war, wenn wir früher sowas wie “Ich fühle kein Vermissen” oder “Wenn Du/ich gehe, dann bist Du für uns weg und wenn Du wiederkommst, dann können wir genau da wieder anknüpfen” – es ist schwer für andere zu verstehen und es nicht mit Desinteresse gleichzusetzen. Ich denke, alle, die uns kennen oder gekannt haben, erleb(t)en es, dass wir es nur selten schaffen von uns aus in Kontakt zu gehen. Daran sind Freundschaften kaputt gegangen oder hatten zumindest Krisen deswegen. Ich denke auch neue Beziehungen entstehen darum erst gar nicht. Ich habe nie verstanden warum es bei uns so ist und kann nichts dagegen tun. Darum versuchen wir mit dem Problem meist direkt offen umzugehen und warnen sozusagen vor und bitten die andere zu überprüfen, ob sie das so kann und will – denn das können nicht viele – immer wieder in Kontakt gehen und es nicht persönlich nehmen, das wir es nicht (oder selten) können. Je mehr das “Wir” bewusster wurde, desto schwieriger wurde das, aber da war die Problematik schon immer.

In der Therapie am Donnerstag kam dann das Thema auf, ob Therapie zur Zeit hilfreich ist, oder ob es nicht mehr Sinn macht, die Betreuungsstunden (3 Stunden hinfahren, da sein, zurückfahren) anders zu verwenden. Es gibt dazu verschiedene Meinungen / Gedanken:

  • schon vorher hatten wir mit der Betreuung ab und an darüber gesprochen und teils hier geschrieben, dass uns was fehlt und immer wieder das Gefühl es passiert zu wenig. In diesem Zusammenhang hatten wir tatsächlich auch daran gedacht, die Therapie früher zu beenden und die Stunden anders zu nutzen – es war ein Gedankenspiel und komisch als es dann unsere Therapeutin aussprach.
  • durch das Aussprechen ist auch das Denken da, dass sie nicht mehr mit uns arbeiten mag. Das sie keinen Sinn sieht darin mit uns weiter Therapie zu machen. Wir sind zu unfähig.
  • Vielleicht passiert auch zu wenig in der Therapie, weil wir dicht machen, oder weil wir schon auf Abstand gehen, wegen dem Abschied, der kommt. Vielleicht weil wir nicht wissen wie man Abschied nimmt.
  • ich denke nicht, das wir Therapie nicht mehr brauchen. Ich glaube wir brauchen sie sehr. Aber vielleicht ist wirklich was neues dran? Vielleicht haben wir erreicht was wir mit Frau Str. erreichen konnten? Vielleicht erreichen wir aber auch nie mehr egal mit wem?
  • Vielleicht ist es Sinnvoll, den Fokus auf Außenaktivitäten zu richten und in den Stunden (wenn es denn ohne Therapie bei 6 Stunden die Wochen Betreuung bleibt…) hinaus zu gehen in die Welt? Da mir das Angst macht ist es ja vielleicht das wo es lang gehen muss? Heißt doch immer “da wo die Angst ist geht es lang”…. ja, ich spür sie grad, die Angst.
  • Aber was ist mit den Innenaktivitäten?
  • Es wird eh länger dauern bis eine neue Therapie anfangen kann. Alleine wegen der Krankenkasse.
  • Wir haben überlegt mit Urs, ob man nicht sowas wie eine Testzeit machen kann? Frau Str. hat eh bald wieder einen längeren Urlaub, vielleicht ihn schon eher anfangen und ausprobieren wie es ist und sich aber nach dem Urlaub wieder sehen und drüber reden wie es ist.
  • Nur macht das Sinn? Gerade wegen dem “Aus den Augen aus dem Sinn” – werden wir das erleben oder einfach nur wegspalten? Welchen Sinn macht es aus der Beziehung raus zu gehen?
  • Welchen Sinn macht irgendwas? Wenn die Therapie aufhört und am Ende des Jahres die Betreuung vielleicht wechseln muss? Ich weiß, es macht keinen Sinn so zu denken. Nehmen was man kriegen kann. Viel kann noch passieren. Ja ich weiß.

Ich fühle mich verwirrt und das ist mal wieder nur ein kleiner Ausschnitt. Manchmal denke ich, das wir es nie schaffen, ein Leben zu führen in dem wir uns einfach ok fühlen. Manchmal denke ich, dass wir es doch schaffen können. Ich denke, für uns ist das mit dem Fühlen einer der wichtigsten Punkte. Sich trauen zu fühlen, auch das Schwierige. Wir brauchen dazu Menschen, die uns helfen den Fokus auf das Fühlen zu legen. Es wahrzunehmen usw. – ich glaube erst dann kann es mit dem wirklichen Verstehen weitergehen. Man kann das nicht alleine.

Danke das ihr uns immer noch lest :-) und Danke für Eure Kommentare! Das bedeutet uns viel!
Habt einen schönen Sonntag und eine Gute Nacht!

03_schlafmaus

10 Kommentare:

  1. es ist alles so stimmig wenn wir es lesen und bleibt dran Gefühlt von uns dass ihr den Weg geht auch wenns so ist, Die Gefühle zu bündeln mehr und sie zu erleben in der Aussenwelt wäre um die Angst weniger zu haben .. erfolgreich um zu spüren was Leben ist...
    schwer aber machbar ist euer Weg gebt nicht auf und wir lesen gerne auch dieses oder anderes, da wir vieles wieder erkennen von unseren früheren Dasein!
    Wir grüssen euch Elke und ihre Bigfamily

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    1. Danke!

      Es macht mir immer Mut zu lesen das alles nicht völlig Außerirdisch ist und vielleicht zum guten Weg dazugehört!

      Seid ganz lieb gegrüßt!

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  2. Hiho, oh wir lesen gerne hier und erkennen vieles auch wieder - Gedankengänge. Manchesmal macht es da klick weil das wer kennt, aber bisher Worte dafür fehlten. Weil manchmal einfach eine Wortblockade besteht, obwohl im inneren das Wissen was es ist vorhanden ist.

    Neue Wege gehen, die Gedanken die dahin führen - ist immer ein Abenteuer - ein verlassen vom Vertrauten, aber wer sagt das man nicht sehr viel Neues hinzugewinnt? Sich darauf einlassen, auf Neues - wenn man sich endlich Sicher bewegt auf den Grund, selbst wenn man Schwimmt zu Wissen es ist ok... bei Neuem... ist alles wie eine andere Welt... und für mich Selbst kann ich da sagen, dass es auch immer erst verunsichert - es ist wie ein erster Schultag, ein erstes "Hallo Welt, hier bin ich"

    Zusammenhänge erkennen... oh ja... auch das kennen wir, das "nur teilaspekte sehen oder begreifen" - aber wenn wir zusammen sitzen uns austauschen, ergibt sich oftmals ein ganzes. Zudem kommt die Erfahrung hinzu, wir lernen ja immer noch hinzu, Tag um Tag... und somit bin ich wieder beim Thema Neuland... es ist ein ungewohntes, unbekanntes Gebiet, aber auf jeden Fall Wert Entdeckt zu werden. Vor allem weil ein jeder so auch viel über sich selbst entdeckt.

    Neue Seiten, die so nicht bekannt waren oder Stärken, welche noch besser werden. Oder auch die Erkenntnis, "ne das wars nun nicht" - aber all das ist positiv - jede Erkenntnis, jedes "ah-a" bringt einen weiter auf dem Weg =)

    Lg. Lisa

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    1. Danke!

      Wie wir gerade schon Elke und Bigfamily geschrieben haben, es tut uns gut zu lesen, das ihr das kennt und das es zu *dem* Weg dazu gehört.
      Es freut uns, wenn unser geschreibsel für Dich/euch auch noch was positives bewirkt, das ist echt schön :-)

      Ich wünschte das wir untereinander auch Kontakt hätten, das ich zu irgendjemanden Innen bewusten Kontakt hätte, um auch miteinander reden zu können, das ist hier leider (noch?) nicht.

      Liebe Grüße senden wir euch

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  3. "Sich trauen zu fühlen"......
    Weißt du, was du gerade gemacht hast, Anja?

    Du kennst sicher die drei Schritte unseres Tuns. Zuerst ist da der Gedanke, dann das Wort und du bist bis hierher schon gekommen. Bravo!!!!
    Und jetzt fehlt nur noch ein kleiner Schritt......das Handeln.
    Es mag für dich und die Sterne ein riesengroßer sein, aber glaubt an euch, ihr schafft das, euch mal ganz viel Mut zuspreche. :-)

    Fühlt euch ganz lieb gedrückt. :-)

    Liebe Grüße und euch noch einen schönen restlichen Sonn(en)tag mit ganz vielen wärmenden Strahlen. :-)
    Christa

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    1. Danke!

      Auch unsere Therapeutin sagt oft, dass es im Denken anfängt...
      Danke für das Mut zusprechen, das können wir grad sehr gut gebrauchen :-)

      *auch einen drücker geb*
      und viele liebe Grüße

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  4. Ich lese deine Einträge gern und bin imemr wieder beeindruckt, wie genau du hinguckst. Danke, dass du das/deinen Mut mit uns Lesenden teilst!

    Hier eine eigene Erfahrung, die mir zu "Test" einfiel:
    Wenn es darum geht, sich zu trauen, zu fühlen - dann finde ich Testphasen immer gut.
    Aus meiner Erfahrung: wenn ohne Testphase in so eine Pause oder einen temp. Abschied gegangen, dann war ich immer so stark im Abwehren-Blocken-Fallen-Kompensieren, dass die Details (warum Abschied/Pause, was sagt die Person zu mir, welche weiteren Absprachen gibt es) nicht ankamen und ich immer nur Muster wiederholt habe. Ein Test hat mir die Möglichkeit gegeben, mir diesen Mechanismus mal anzugucken, weil ja schon "bekannt" war (emotional), was passieren würde und einige der automatischen Gedanken und meiner Gefühle also nicht neu waren, sondern bei der "echten" Pause wiederkamen und ich damit Gelegenheit hatte, sie überhaupt zu erkennen.

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    1. LiebeR AnonymE,

      Danke! Und sei Willkommen auf unsrem Blog :-)

      Ja, so wie du es erfahren hast mit der Testphase, stelle ich es mir auch grad vor. Es ist nicht so endgültig und es besteht die Möglichkeit zur Reflexion.
      Wir werden Donnerstag darüber mit unserer Therapeutin sprechen.

      Liebe Grüße senden wir

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  5. Viele der Gedankengänge kommen mir gekannt vor.
    Erstaunlich.
    **

    Ich schrieb es bereits, aber mir gefallen diese Art von Deinen / euren Bildern sehr.

    Lieben Gruß
    Oona

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    1. Ich weiß nicht was ich dazu sagen kann....

      aber es freut uns das dir die Bilder gefallen!

      Liebe Grüße auch an Dich


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